Die Vergessenen aus Assisi
Auf einer Internetseite (www.holtunshierraus.de) bin ich auf Flecki gestoßen, ein 4 jähriger Pointer, die Bilder die ich dann zu sehen bekam zeigten einen sehr dünnen und ausgelaugten Hund, jede Rippe konnte man erkennen, sein Fell glanzlos und stumpf, aber das Schlimmste war sein trauriger leerer Blick durch die Gitter seines Zwingers.

Mein einziger Gedanke war, diesem Hund endlich nach 3 Jahren Tierheim eine Chance auf ein schönes Zuhause zu ermöglichen.
Das Tierheim in Assisi ist direkt neben einer Mülldeponie errichtet worden, ein großes Gelände, hoch eingezäunt und der komplette Boden ist aus einer großen Betonplatte gegossen. Kein Grass, keine Ausläufe und nur hin und wieder kommt mal am Wochenende jemand der mit den Hunden geht. Die Angestellten sind bemüht aber wer kann 200 Hunden gerecht werden?
Ich fuhr am 22. August nach Italien, in das Tierheim in dem Flecki saß, dort leben fast 200 Hunde, ich habe lange nach ihm gesucht und ihn dann auch endlich in einem der hinteren Zwinger gefunden. Als ich in seinem Zwinger stand, lief blitzschnell etwas an mir vorbei und in die Hundehütte. Die Angestellte erklärte mir dann, das dieser ängstliche Hund Rieck heißt und schon so lange im Tierheim ist wie sie dort arbeitet, über 5 Jahre.
Rieck ist eine arme Seele, er ist stark misshandelt worden, so stark dass er fast gestorben wäre. Durch seine schweren Verletzungen konnte er auch nur eingefangen werden, ansonsten hat Rieck sein ganzes Vertrauen zum Menschen verloren.
Seine körperlichen Schäden sind verheilt aber die Folgen der Misshandlung ziehen sich durch seinen weiteren Lebensweg. 5 lange Jahre im Tierheim niemand kam an ihn ran, 5 Jahre nie auf einer Wiese und 5 Jahre nicht eine Streicheleinheit.

Flecki und Rieck leben seit dem Flecki ins Tierheim gekommen ist zusammen, 1120 Tage und jetzt soll ich ihm seinen Einzigen Gefährten nehmen? Unüberlegt sagte ich sofort dass ich ihn auch mitnehme, egal wie aber ich werde diesen armen Hund nicht zurück lassen. Alle schauten mich an, Eliana, eine Frau die jeden Samstag mit den Hunden geht, sagte mit Tränen in den Augen „Ihr nehmt die Hunde, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie Assisi noch mal verlassen.“
Der Tierarzt hat Rieck ein Beruhigungsmittel verabreicht um ihm den Transport etwas angenehmer zu gestalten. 24 Stunden Heimfahrt, er war nicht einmal draußen, da das eine große Gefahr darstellte, als wir endlich angekommen waren, haben wir ihn in seiner Transportbox bis in den Außenzwinger getragen. Er stieg aus der Box und lief gleich hinter die Hundehütte und versteckte sich.
Schon einen Tag später kam er immer nach vorne an die Tür und guckte wie wir mit den anderen Hunden spazieren waren, der erste Erfolg, sein Interesse war geweckt. Wir versuchten ihm eine Leine umzulegen damit er wenigstens in den Auslauf auf die Wiese kann. Vor lauter Panik biss er die Leine in wenigen Augenblicken durch. Also wieder in die Transportbox und wir haben ihn so bis zum Auslauf getragen.
Das erste Mal eine Wiese nach 5 Jahren, er war sehr aufgeregt und neugierig zu gleich. Man merkte schnell wie sehr er das genießt sich im Gras zu wälzen und einfach mal langsam alles zu erkunden. Am Abend wollten wir ihn wieder umsetzen, er blieb sitzen aber sobald man auf ihn zu ging legte er sich auf den Rücken und machte die Pfoten ganz steif nach oben. Aber er ist nicht weg gelaufen! Das erste mal. Ich legte ihm eine Kettenleine an, damit er sie nicht durch beißen kann. Als erstes habe ich Flecki angeleint, er ist sehr aufgeregt, unruhig und ihm geht alles nicht schnell genug. Flecki kannte den Ablauf schon ganz gut, wenn die Leine kommt dann heißt es spazieren, er lief natürlich sofort vor aber das erstaunlichste war, das Rieck aufstand obwohl er eine Leine am Halsband hatte und kam sogar ein paar Schritte auf mich zu.
Flecki ist ein bisschen sein Vorbild, wenn Flecki vorläuft dann folgt Rieck ihm recht unscheinbar. Das war für uns ein riesen Erfolg, wir konnten ihn jetzt wenigstens vom Auslauf bis in die Außenzwinger bringen. So liefen die nächsten zwei Tage ab.
Rieck wurde langsam etwas sicherer, so kam es dass wir ihn einen Abend einfach weiter führten bis in die Innenanlagen, die ganze Nacht war er leise, sauber und hat nichts kaputt gemacht. Seitdem schläft er nur noch drinnen und spazieren geht er nur in Begleitung von Flecki. Spazieren muss man bei ihm wirklich in Anführungsstrichen setzen, denn er geht starr und steif, ist sehr vorsichtig und ängstlich, bei jeder schnellen Bewegung liegt er sofort auf dem Rücken. Aber was erwarten wir von ihm, er ist erst seit 7 Tagen bei uns.
Aber was hat er schon für Fortschritte gemacht, in 7 Tagen, was schafft man dann in 7 Monaten? Mein Traum wäre es, wenn ich die Möglichkeit bekomme, die beiden Hunde zusammen zu vermitteln. Ich kriege es nicht übers Herz diese Hunde nach 1120 Tagen, 26 880 Stunden und so vielen gemeinsamen einsamen Nächten zu trennen. Rieck der Ängstliche und Flecki der Aufgeweckte, wo gibt es diese Menschen die, die zwei adoptieren? Mit Liebe und ganz viel Einfühlungsvermögen, bei Flecki auch bitte etwas Konsequenz, bekommt man zwei traumhafte Hunde, die es einem danken werden, wenn sie endlich eine Chance auf ein eigenes Heim bekommen.
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